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Ab sofort lieferbar! THÜRINGER MÖRDER AUF DEM SCHAFOTT – Vollstreckung mit Fallbeil 1860-1933 von Wolfgang Krüger

Erneut ist dem Celler Kriminalhistoriker Wolfgang Krüger ein Meisterwerk gelungen. Nach der „Kriminalchronik des Dritten Reiches“ (2 Bände, vergriffen) und den „Serienmördern des Dritten Reiches“ (vergriffen) legt Wolfgang Krüger einen neuen – natürlich wieder spannungsgeladenen – Pitaval vor. Aus dem Vorwort von Wolfgang Krüger: Die in diesem Buch geschilderten Mörder hatten zweierlei gemeinsam: Nicht nur nahmen sie ihren Opfern das Wertvollste, das sie besaßen, nämlich das Leben, sie büßten ihre teils sehr scheußlichen Verbrechen auch unter der Hand des Scharfrichters, der sie mit dem Fallbeil, also der mechanischen Enthauptungsmaschine, ins Jenseits beförderte.

Der Freistaat Thüringen in seinen heutigen Grenzen war im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert politisch ein Flickenteppich. Da Thüringen damals in etliche kleine souveräne Staaten zersplittert war, unterschied sich dementsprechend die Hinrichtungsmethode in den einzelnen Ländern. Im Regierungsbezirk Erfurt der preußischen Provinz Sachsen, die weit in den Süden Thüringens hineinreichte, in den Herzogtümern Sachsen-Altenburg, Sachsen-Meiningen, in den Fürstentümern Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen wie auch im Fürstentum Reuß jüngerer und älterer Linie war in den 1850er und 1860er Jahren das von Hand geführte Beil, das Handbeil, vorgeschrieben, im Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha und im Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach dagegen das mechanisch bediente Beil, meist Guillotine, Fallbeil oder Fallschwert genannt. Zwei dieser Staaten, Reuß älterer Linie und Sachsen-Meiningen, entschieden sich später ebenfalls für das Fallbeil. Allen Staaten aber war gemeinsam, daß die Enthauptung die einzig gesetzlich zulässige Hinrichtungsmethode war.

Das Zeitalter des Fallbeils begann in Thüringen in den 1850er Jahren, einem Jahrzehnt, in dem sich das in der Französischen Revolution bekanntgewordene Enthauptungsgerät in den Staaten des Deutschen Bundes zunehmender Beliebtheit erfreute. Als erster thüringischer Staat führte das Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach bei der Wiedereinführung der Todesstrafe im Juli 1856 die mechanische Enthauptung ein und folgte damit den Beispielen von Württemberg, Bayern und Baden. Der erste, dessen Verbrechen mit dem Fallbeil gesühnt wurde, war der Raubmörder Bernhard Stempner am 8. Dezember 1858 in Weimar. Doch etwas mehr als ein Jahr später fiel in Eisenach das Haupt eines weiteren Mörders unter dem Fallbeil. Sein Verbrechen eröffnet diesen Band.

In den 1850er Jahren wurden in allen thüringischen Staaten die als Folge der Revolution von 1848 abgeschaffte Todesstrafe wiedereingeführt und die Vollstreckung hinter Gefängnismauern verbannt. Eine Ausnahme bildete das kleine Fürstentum Reuß älterer Linie, das noch im Jahr 1864 die letzte öffentliche Enthauptung in Deutschland überhaupt durchführte. Es waren aber thüringische Staaten, die als erste im Deutschen Bund die intramurane Hinrichtung, also die nichtöffentliche Vollstreckung hinter Gefängnismauern, einführten: das Herzogtum Sachsen-Altenburg im Jahre 1845 und das Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen im Jahre 1847. Sie galten somit fortschrittlicher als alle anderen Staaten, die immer noch am Gedanken der öffentlichen Abschreckung festhielten.

Eine Zusammenstellung aller im heutigen Thüringen seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Dritten Reiches vollzogenen Hinrichtungen ergibt eine überwältigende Mehrheit von Fallbeilhinrichtungen, vor allem deshalb, weil seit 1933 bereits alle Vollstreckungen im damaligen Land Thüringen zentral im Landgerichtsgefängnis in Weimar erfolgten, das 1937 überdies zu einer der zentralen Richtstätten des Deutschen Reiches bestimmt wurde und seitdem, vor allem seit Kriegsbeginn, Schauplatz einer zunehmenden Zahl von Enthauptungen war. Zweihundert waren es bis März 1945. Beschränkt man sich jedoch auf die Jahre 1850 bis 1936, so ergeben Hinrichtungen mit dem Fallbeil immer noch eine Mehrheit von drei: einundvierzig gegenüber achtunddreißig mit dem Handbeil vollzogene Enthauptungen.

Sehr ausführlich werden der vierfache Mühlenmord von Vogelsberg und seine Aufklärung im Jahre 1877 beschrieben, der sich im heutigen Landkreis Sömmerda ereignete. Er ist insofern merkwürdig, als zwei der Opfer erst viele Wochen später gefunden wurden. Im selben heutigen Landkreis ereignete sich mehrere Monate später ein weiterer scheußlicher Mord, der des Landwirts Johann Friedrich Voigtritter an seinem jungen Mündel. Auch er wird ausführlich behandelt. Beide Täter wurden im ein und demselben Jahr abgeurteilt und hingerichtet. Aber auch zwei weitere in Raubabsicht verübte Massenmorde werden detailliert geschildert, die wiederum in einer thüringischen Mühle verübte dreifache Bluttat eines Erfurters in Dietharz im Thüringer Wald 1885 und der dreifache Mord an einem Landwirt in Oldisleben 1899.

Viele Mordgattungen sind vertreten: Raubmord, Rachemord, Sexualmord, Mord an der lästig gewordenen Geliebten, Gewinnmord, Giftmord. Es überwiegen aber die Verbrechen, die aus Habgier begangen wurden. In einem Fall ermordete ein Gutsarbeiter seinen Kollegen und beraubte ihn, weil er Geld für die Abbezahlung seiner ihm aufgezwungenen SA-Uniform brauchte. Auch zwei betagte Rentner wurden ihres Geldes wegen ermordet. Der eine war vierundsiebzig Jahre alt und wurde in Apolda erschlagen, der andere, bereits neundsiebzigjährig, im Fürstentum Reuß älterer Linie.

Nur von männlichen Tätern verübte Morde wurden aufgenommen, für die weiblichen sehe man den im Verlag Kirchschlager 2008 und in einer Neuauflage 2019 erschienenen Band „Thüringer Mörderinnen“.

Alle Mordfälle, sie stammen in der Mehrheit aus der Kaiserzeit, wie auch ihre gerichtliche Sühne wurden anhand zeitgenössischer Zeitungsberichte nacherzählt, und zwar in einer Weise, die heutige Leser besser verstehen als die oft sehr altertümlichen redaktionellen Formulierungen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Einige werden sich wundern, weshalb keine Mordfälle aus dem Herzen Thüringens, dem preußischen Regierungsbezirk Erfurt, wie auch aus dem damaligen Fürstentum Reuß jüngerer Linie und einigen anderen Gebieten aufgenommen wurden. Nun, hier wurde zum Teil bis 1936 mit dem Handbeil hingerichtet, was vor allem für den preußischen Regierungsbezirk Erfurt zutraf. Für diese Verbrechen ist ein gesonderter Band mit dem Titel Thüringer Mörder auf dem Schafott – Vollstreckung mit Handbeil vorgesehen.

Das Buch erscheint Ende April 2023.